IFRS-9-Umsetzung
Mit Erstanwendung der IFRS-9-Bilanzierungsregeln zum 1. Januar 2018 stehen Institute heute – Mitte 2017 – unmittelbar vor der Endphase der IFRS-9-Implementierungsprojekte und kurz vor der Produktivsetzung ihrer IFRS-9-Lösungen. Es ist zu beobachten, dass die IFRS-9-Projekte in Bezug auf Inhalte und Ressourcen stark auf das Accounting ausgerichtet sind, um die fachlichen, prozessualen und systemtechnischen IFRS-9-Anforderungen erfolgreich im Accounting zu implementieren. Hierbei werden in den Umsetzungsprogrammen bereits häufig die Abhängigkeiten von IFRS 9 zu anderen Projekten wie AnaCredit, FINREP oder BCBS #239 berücksichtigt. Vorbereitungen im Meldewesen für die erste COREP-Produktivmeldung per 31.03.2018 auf Basis von IFRS-9-Werten sind in der Regel nur rudimentär im IFRS-9-Projektscope enthalten oder obliegen vollständig der Linienverantwortung des Fachbereichs Meldewesen.
Die aus der IFRS-9-Umsetzung nunmehr unmittelbar folgende Staffelstabübergabe aus dem Accounting an den Linienbetrieb des Meldewesens ist aus unserer Sicht nicht ausreichend – in einzelnen Instituten sogar überhaupt nicht – vorbereitet. Dieser Status quo ist für die erste COREP-Produktivmeldung nach IFRS 9 per Stichtag 31.03.2018 als hohes Risiko zu sehen.
Bei Teilnahme am EBA-Stresstest ist zudem die Nutzung von IFRS-9-Werten bereits per Stichtag 31.12.2017 notwendig.
IFRS 9 wirkt unmittelbar auf regulatorische Bemessungsgrundlagen und Kapitalquoten
Wesentliche Ursache für Auswirkungen von IFRS 9 auf die Kennzahlen des Meldewesens ist die neue IFRS-9-Methodik zur Bestimmung des Expected Credit Loss (ECL). Der ECL nach IFRS 9 führt zu einem signifikanten Anstieg der Risikovorsorge von durchschnittlich 35 %.[1] IFRS 9 hat somit unmittelbare Auswirkungen auf regulatorische Bemessungsgrundlagen, Risikoaktiva und Kapitalbestandteile sowie auf regulatorische Steuerungskennzahlen wie die CET-1-, Kernkapital-, Solvabilitäts- und MREL-Quote als auch auf die Großkreditgrenze und die Leverage Ratio.
Für das Meldewesen und die Steuerung der regulatorischen Kennzahlen ist daher zwingend sicherzustellen, dass die auf Basis von IFRS 9 ermittelten Bemessungsgrundlagen und Kapitalgrößen für die Ermittlung der Risikoaktiva in den Rechenkernen und der Meldewesenverarbeitung zur Verfügung stehen.
Der potenziell durch IFRS 9 verursachte Zuwachs in der Risikovorsorge belastet die GuV und damit das zur regulatorischen Kapitalquote heranziehbare Kapital. Diese reduzierte Kernkapitalbasis führt neben einem negativen Impact auf die Kapitalquoten zudem zu einer geringeren Großkredit- und Verschuldungsgrenze. Für das Großkreditmanagement kann dies zur Folge haben, dass mehr Kredite als Großkredite eingestuft werden und somit einem erweiterten Meldeumfang unterliegen. Zudem kann die reduzierte Großkreditgrenze dazu führen, dass einzelne Kredite diese Grenze überschreiten. Für Institute, die heute eine knappe Erfüllung der Leverage Ratio aufweisen, kann der IFRS-9-Effekt zu einer weiteren Verknappung dieser Kennzahl führen.
Die vorgenannten Auswirkungen von IFRS 9 auf regulatorische Steuerungskennzahlen verdeutlichen, dass die IFRS-9-Effekte frühzeitig von den Instituten in den regulatorischen Simulations- und Vorschaurechnungen zu berücksichtigen sind (siehe auch https://bankinghub.comlounge.dev/banking/steuerung/ifrs-9-in-der-gesamtbanksteuerung).
Übergangsregeln zur Abmilderung der IFRS-9-Effekte im Meldewesen liegen nun vor
Seitens der Europäischen Kommission sind nunmehr Vorschläge[2] erarbeitet worden, wie die Auswirkung von IFRS 9 auf das regulatorische Kapital im Meldewesen über einen mehrjährigen Übergangszeitraum abgemildert werden soll. Dieser sogenannte Phase-in basiert auf einem komplexen Ansatz, der im Wesentlichen statisch durchgeführt wird. Für die Einhaltung der Übergangsregeln sind u. a. Berechnungen auf Einzelgeschäftsebene notwendig, um nachzuweisen, dass ein Institut mit Anwendung der Übergangsregeln nicht besser gestellt ist als ohne. Dieser komplexe Sachverhalt fordert eine frühzeitige Analyse der fachlichen und datentechnischen Anforderungen, um die Implementierung im Meldewesen rechtzeitig vor der ersten COREP-Produktivmeldung sicherzustellen. Herbei sind vom Fachbereich auch Vorteilhaftigkeitsprüfungen im Hinblick auf die Anwendung der Übergangsregelungen durchzuführen.
Auf die Offenlegung wirkt IFRS 9 ebenfalls unmittelbar: Zum einen sind IFRS-9-Effekte bei der Überleitung der Bilanz auf das Meldewesen in den Bemessungsgrundlagen der Accounting- und Meldewesengrunddaten zu berücksichtigen. Zum anderen sind im Offenlegungsbericht Angaben zur Anwendung der IFRS-9-Übergangsregelung anzugeben. Konkret müssen Institute sowohl die Kapitalquoten als auch die Leverage Ratio mit und ohne Anwendung der IFRS-9-Übergangsregeln offenlegen. Für diese Berechnungen müssen die regulatorischen Bemessungsgrundlagen und die Kapitalbestandteile mit und ohne Anwendung der IFRS-9-Übergangsregeln technisch zur Verfügung stehen.
Mit der vorliegenden Konkretisierung der IFRS-9-Übergangsregeln wird der IFRS-9-Staffelstab an das Meldewesen übergeben
Die Auswirkungen von IFRS 9 werden erstmalig in der COREP-Produktivmeldung per Stichtag 31.03.2018 im Meldewesen wirksam. Mit der vorliegenden Konkretisierung der Europäischen Kommission zu den Übergangsregeln hat der Fachbereich Meldewesen nunmehr Transparenz zum Umgang mit den IFRS-9-Effekten. Im engen Dialog mit den IFRS-9-Projekten sind die Vorbereitungen für die erste COREP-Produktivmeldung heute im Linienbetrieb zu starten. Es liegt in der Verantwortung des Fachbereichs Meldewesen, mit einer korrekten COREP-Meldung den IFRS-9-Staffelstab erfolgreich ins Ziel zu bringen.