Wider den Featurismus

Wer kennt und mag es nicht, das Gefühl, etwas erreicht zu haben? Diese wohlige Erleichterung, die man nach dem Abschluss einer Aufgabe, eines Projekts spürt – das Gefühl, weitergekommen zu sein, Erfolg zu haben. Blickt man allerdings zurück und hinterfragt kritisch das Erreichte, macht sich so manches Mal Ernüchterung breit. Ist man heute wirklich weiter als vor sechs, vor zwölf, vor 24 Wochen? Eventuell ist man Opfer des Impulses geworden, der sich mit „Featurismus“ beschreiben lässt.

Featurismus – bleibt es beim Status quo?

Featurismus meint, sich auf eine naheliegende, in ihrem Umfang beschränkte Erweiterung seines Produkts bzw. Angebots – ein Feature – zu konzentrieren und dabei unweigerlich nahe am Status quo zu verhaften. Oder, wie es ein Werbespot der Sparkassen ausdrückt, „das mit den Fähnchen“ zu tun, als Alternative zu einer wirklichen Veränderung:

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Vorteile des Featurismus

Zweifelsohne bringt es mannigfaltige Vorteile mit sich, diesem Impuls nachzugeben:

  • Es stellt sich das erwähnte Erfolgserlebnis ein.
  • Das Phänomen, Ergebnisse vorweisen zu können, wird bedient: „Schau mal, was ich gemacht habe“. Die Tatsache, unter Umständen nicht allzu weit gesprungen zu sein, spielt dabei eine sekundäre Rolle.
  • Auch muss man sich beim Featurismus nicht mit unbequemen Fragen auseinandersetzen, man ist ja schon mit dem Operativen beschäftigt. Idealerweise ist man dabei so operativ, dass man firmenintern niemandem auf die Füße tritt.
  • Zu guter Letzt wird eine durchaus verbreitete Managementmethode bedient, die sich mit „alle sind am Rödeln“ beschreiben lässt: Führungskräfte, die diese Methode verfolgen, sind dann zufrieden, wenn sie das Gefühl haben, niemand sitze herum.

Von Feature zu Feature… Wo bleibt der Fortschritt?

So viele Vorteile diese Methode aus der internen Sicht vor allem großer Organisationen auch haben mag und so viele erledigte Meilensteine der Featurismus auch bringen mag (und ist es nicht das schnelle Ergebnis, das wir zunehmend suchen, ja, das sogar gefordert wird?) – eine ehrliche Bewertung des Fortschritts trübt meist die Euphorie.

Schafft doch ein neues Feature zunächst einmal mehr Komplexität, die für eine bestimmte Kundengruppe von Vorteil ist, für das Gros der Kunden aber bedeutungslos bleibt. Bei der Skalierung eines Produkts hilft ein Ausbau von Features, getrieben von der reinen Motivation, das Produkt zu verbessern, in der Regel wenig.

Featurismus – Fazit

Vom Featurismus abzurücken mag im ersten Moment nicht einfach sein. Aber vielleicht hätte es bereits positive Auswirkungen, wenn man vor dem Go-live eines Features bewusster nach dessen Kundennutzen fragen würde.

Oder man stellt sich die Frage, ob man selbst dieses oder jenes neue Feature nutzen oder gar lieben würde. Auch die bei Amazon verbreitete Übung, das neue Feature vor der Implementierung in einer Pressemitteilung vorzustellen, kann hilfreich sein.

Wird das ein substanzielles Vorankommen beschleunigen? Vermutlich nicht, denn etwas Neues zu schaffen, setzt voraus, dass man Neues sieht, sich mit Neuem beschäftigt und darüber nachdenkt; dass man mit Menschen spricht, viel liest oder einfach im Wald spazieren geht – kurzum, dass man Dinge tut, die erst einmal keinen direkten oder messbaren Erfolg bringen und bei denen sich dieser vielleicht auch nie einstellen mag.

Aber es sind genau jene Dinge, die Steve Jobs meinte, als er von „connecting the dots“ sprach – das Vertrauen, dass sich Dinge am Ende auszahlen, in einer Art und Weise, wie wir es uns heute nicht vorstellen können. Damit die Fähnchen nicht mehr gebraucht werden.

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