Alle Plattformen, egal ob Apple, Google oder Microsoft, werden zukünftig eine Funktion für Zahlungen haben …
Wie sagte etwa Bill Gates, der Gründer von Microsoft, im Jahr 2017:
„Alle Plattformen, egal ob Apple, Google oder Microsoft, werden zukünftig eine Funktion für Zahlungen haben.“
Und tatsächlich lassen sich in vielen Branchen vermehrt große Plattformen und Player beobachten. Dazu kommt, dass das digitale Einkaufserlebnis beeindruckend komfortabel, einfach und intuitiv konzipiert ist. In vielen Ländern Europas kann eine Abkehr vom Bargeld beobachtet werden, und die Nutzung von Kreditkarten und mobilen Zahlungsmöglichkeiten steigt kontinuierlich.[2]
Wie geht es also weiter? Anhand von drei Thesen möchten wir unsere Standpunkte zur zukünftigen Rolle von Plattformen, zu der Frage PayPal vs. Kreditkarten und zur zukünftigen Bedeutung von Bargeld im Folgenden andiskutieren und konkrete Schlussfolgerungen aus dem Gesagten ziehen.
These: Die breite Marktmacht und Verankerung an der Kundenschnittstelle führt großen Plattformen Marktanteile im Zahlungsverkehr zu
Niemand zahlt gerne, aber wenn es sein muss, ist es als Privatperson größtenteils egal, wie man zahlt. Es soll nichts kosten, und die Zahlung sollte ohne weiteren Aufwand – am besten automatisch und reibungslos – ablaufen.
Mittlerweile gibt es eine ganze Fülle an gängigen (Kreditkarte, Debitkarte, Lastschrift …) und weniger gängigen unbaren Zahlungsmöglichkeiten (Apple Pay, Klarna, paydirekt, Yapital …) am Point of Sale (PoS) oder online.
Allerdings waren in der Vergangenheit neu eingeführte Zahlungsmethoden nur teilweise erfolgreich. Dahinter steckt die Bequemlichkeit der Konsumierenden, die nur auf einen neuen Service wechseln, wenn sich ein spürbarer Vorteil ergibt oder wenn es – wie durch die coronabedingte Ausnahmesituation – zu großen Verschiebungen bei der Nutzung von Bargeld kommt.[3] Beispielsweise hat es PayPal mit dem Käuferschutz geschafft, trotzt leichtem Zusatzaufwand für die Konsumierenden bei der Einrichtung der Zahlungsmöglichkeit, mittlerweile 361 Mio. aktive Kunden weltweit für ihre Zahlungsoption zu begeistern[4].
Aufgrund der bereits hohen Marktabdeckung können große Plattformen das Spiel im Zahlungsverkehr jedoch umdrehen, da sie mit ihren Zahlungsmethoden eine einfache Lösung in bestehenden Strukturen bereitstellen können. Die Kunden müssen also nicht mehr tun, als in bekannten Strukturen auf die (ggf. neue) Schaltfläche „Zahlen“ zu klicken. Neben einer reibungslosen Abwicklung bleibt der Fokus dabei jedoch auf der Marktmacht der jeweiligen Plattform. Denn nur bei einer hohen Marktabdeckung lohnt es sich auch für Händler, eine Zahlungslösung zu integrieren, da so viele Kunden mit dieser attraktiven Zahlungsoption erreicht werden können.
Dabei gibt es schon zahlreiche Plattformen, die eine große Marktabdeckung aufweisen. Beispielsweise ist mehr als jede/-r zweite Deutsche Kunde bei Amazon[5], jede/-r fünfte besitzt ein Smartphone von Apple[6] und jede/-r vierte hat ein Konto bei Instagram[7].
Ein weiterer wichtiger Faktor, um als Plattform mit einer Zahlungsoption Fuß zu fassen, ist eine starke Präsenz an der Kundenschnittstelle mit Zahlungsverkehrsbezug. So ist die Plattform dem Kunden bereits durch ihre Prozesse und die zugehörige Zahlungsmöglichkeit bekannt. Beispielsweise hätte es Instagram eventuell schwerer, Vertrauen für Zahlungsverkehrslösungen zu gewinnen, da die Plattform bisher wenig Bezug zu Zahlungsvorgängen hat. Gleichwohl könnte die Social-Media-Plattform über die schon heute angebotenen Artikel in der App mit einer reibungslos in den Kaufprozess integrierten Zahlungslösung bei Kunden punkten.
Es ist nicht überraschend, dass eine der größten Plattformen schon heute mit einer umfänglichen Lösung in den Zahlungsverkehr drängt. Mit Amazon Pay hat der E-Commerce-Riese eine Zahlungslösung, die es Kunden erlaubt, z. B. bei Drittshops ihr Amazon-Konto nur für den letzten Schritt – die Zahlung – zu verwenden. Somit muss sich ein/-e Onlinekäufer/-in nicht erst bei neuen Shops registrieren oder für einen Einmalkauf seine/ihre kompletten Daten neu eingeben.
Die aktuelle Entwicklung im Zahlungsverkehr stellt zunächst keine bahnbrechende Veränderung dar, denn weiterhin werden E-Commerce-Zahlungen über einen Anbieter abgewickelt, der wiederum in seiner Lösung verschiedene Zahlungsmittel vereint (Lastschriften, Kreditkartenzahlungen …). Nicht anders arbeitet PayPal.
Aber große Plattformen agieren mit breiter Marktmacht an der Kundenschnittstelle und dominieren in Teilen die Lebenswelt ihrer Kunden. Damit haben Plattformen die besten Voraussetzungen, um ihre Kunden im Zahlungsverkehr uvollumfänglich zu bedienen. Wir erwarten daher, dass sich mindestens eine große Plattform als gängige Zahlungsmethode etabliert, während kleinere Plattformen und Anbieter in eine Abhängigkeit geraten, die Zahlungslösung der großen Plattform zu nutzen – zum Beispiel ein kleiner Händler, der nur noch mit Amazon Pay das Vertrauen von Kunden erhält.
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These: Kreditkarte vs. PayPal – mit etablierten Ansätzen ist ein Vorbeikommen am Platzhirsch PayPal im Zahlungsverkehr nicht leicht
„Wofür braucht man eigentlich Kreditkarten? Es gibt doch PayPal.“ Diese Frage habe ihm sein Sohn im Teenageralter gestellt, berichtete ein Teilnehmer eines Diskussionspanels rund um das Thema Zahlungsverkehr bereits vor einigen Jahren. Und auch heute gilt: Mit Blick auf den Aufsatz der Zahlungsweise „Kreditkarte“, erscheint manches entlang des Prozesses seltsam: eine ein paar Jahre geltende Kreditkartennummer mit den „Sicherheitskennzeichen“ Ablaufdatum und dreistelliger Code auf der Rückseite, ergänzt durch weitere Sicherheitsfeatures wie SecurePay – das würde man heute wohl anders machen.
Für den Kunden ist die Kreditkarte (zumindest, was das Zahlen im Netz angeht) eine Zahlungsart, die neben neuen Angeboten wie PayPal steht. Und auch wenn technisch gesehen PayPal eine kleine Erweiterung bzw. Vorschaltung zu einer Karte ist, befinden sich beide Angebote in direkter Konkurrenz um die Kundenschnittstelle: Für den Kunden steht die Zahlart „Kreditkarte“ neben der Zahlart „PayPal“ sowie neben diversen anderen Optionen. Die Kreditkartenanbieter sind sich dessen durchaus bewusst, weshalb sie dabei sind, das seit 40 Jahren bestehende Set-up fit für die Zukunft zu machen. So verfügt Visa über Innovationszentren weltweit, und auch Mastercard hat diverse Initiativen gestartet, u. a. im Bereich des Zahlens mit Wearables sowie rund um das Thema Authentifizierung.
Denn die Kreditkarte ist auch 2021 weiterhin ein Zahlungsmittel mit steigenden Nutzerzahlen, das sowohl von der coronabeschleunigten Abkehr vom Bargeld profitiert als auch viele Vorzüge mitbringt, um weiter bei vielen Menschen „top of wallet“, also beliebtestes Zahlungsmittel, zu sein. Einer dieser Vorzüge ist neben der erwähnten Etablierung insbesondere das bereits gewonnene Vertrauen der Zahlenden und der Zahlungsempfangenden.
Anders gefragt – wird es der Kreditkarte mit PayPal oder auch Apple Pay/Google Pay ergehen wie vielen anderen „Hardwareherstellern“, deren Produkt zum Beiwerk eines Softwareanbieters degradiert wurde? Als Beispiel seien hier Autohersteller genannt, in dessen Produkten CarPlay von Apple oder Android Auto von Google Car die Schnittstelle zum/zur Fahrer/-in bilden. Das könnte auch der Kreditkarte passieren. Denn Softwarehersteller punkten gegenüber Hardwareherstellern unter anderem mit der Bequemlichkeit für den Nutzer bzw. die Nutzerin. Etwa so wie es bei PayPal bequem ist, die Kreditkarte einmal zu hinterlegen und bei Ablauf der Karte nur an einer Stelle die Daten zu aktualisieren. Oder wenn man etwa beim Check-out in einem Onlineshop die Bezahlmethode „PayPal“ angeben kann, anstatt jedes Mal eine 16-stellige Nummer inklusive Ablaufdatum und Sicherheitscode einzutippen.
Es stellt sich die Frage, was nötig ist, um an PayPal im Zahlungsverkehr heran- bzw. vorbeizukommen. Beim Blick auf Angebote wie Amazon Pay oder Klarna, die ähnlich wie PayPal agieren (sie haben einen Kontakt zum Händler und treten auch vor den Kaufenden in Erscheinung), dann braucht es in der Regel eine Mischung aus Bequemlichkeit in der Abwicklung für Kaufende und Händler, Integration in ein bestehendes Ökosystem, Überwindung des „Henne-Ei-Problems“[8] und einer Portion Vertrauen, das der Anbieter genießt. Diese Hürden sind hoch, und es gibt etliche Marktteilnehmer, die sie nicht genommen haben. Aber wie die beiden genannten Beispiele zeigen, ist es nicht unmöglich.
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Quantitativ untersuchtes Sample aus zehn traditionellen Privatbanken mit einem Volumen von 308 Milliarden Euro Assets under Management; qualitative Insights aus Gesprächen mit Entscheidungsträger(inne)n im Private Banking; zeb-Endkunden-Interviews und Expertise aus der langjährigen Beratung von zeb.Private Banking Studie Deutschland – 2018 (zeb)
Dass sich Privatbanken in Deutschland weiterentwickeln müssen, daran besteht kein Zweifel. Die Ergebnismargen bewegen sich trotz günstigem Marktumfeld weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau.These: Bargeld wird im Zahlungsverkehr nicht komplett verschwinden
In Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung versteht es sich von selbst, dass auch Zahlungen zunehmend auf digitalem Weg durchgeführt werden. Allein in den letzten 13 Jahren seit der globalen Finanzkrise 2008 hat sich die weltweite Verlagerung auf digitale Zahlungswege in beeindruckender Weise fortgesetzt. Spitzenreiter ist hier China, wo im Jahre 2011 noch unter 4 Prozent der Zahlungen mobil und damit digital durchgeführt wurden – im Jahr 2018 waren es schon 83 Prozent.[9] Dem gegenüber stehen Länder wie etwa Italien oder Spanien, in denen auch im Jahr 2018 über 71 Prozent der Zahlungen im Privatkundensegment noch „cash“ durchgeführt wurden[10] – also ganz nach dem Motto „Nur Bares ist Wahres“.
Im Folgenden wollen wir die Vor- und Nachteile von Barzahlungen und digitalen Zahlungen etwas näher analysieren.
Nachteile digitaler Zahlungen vs. Nachteile Bargeldzahlungen
Offenkundig ist der größte Schwachpunkt digitaler Zahlungen für private Verbraucher/-innen, dass jede ihrer Bewegungen genau analysierbar ist und rückverfolgt werden kann – aber auch, dass diese Zahlungsmöglichkeit ein Empfangsgerät (z. B. POS-Terminal) voraussetzt. Kundenverhalten, Mobilitätsverhalten und auch Einkaufsgewohnheiten sind Gegenstand der Analyse der dahinter stehenden Unternehmungen (Stichwort „gläserner Mensch“).
Andererseits muss Bargeld immer in ausreichender Menge und passender Währung mitgeführt werden, verbraucht Platz im Portemonnaie und kann insbesondere im Fall von Münzgeld auch schwer sein. Es muss rechtzeitig und in der ausreichenden Menge abgehoben werden, kann gestohlen, verloren oder gar ungewollt zerstört werden.
Vorteile digitaler Zahlungen vs. Vorteile Bargeldzahlungen
Vorteile digitaler Zahlungen sind die Bequemlichkeit sowie die Freiheit, mit einem Zahlungsinstrument jederzeit, in jedem Land (sofern ein Empfangsgerät verfügbar ist) und in jeder Währung bezahlen zu können. Es funktioniert überall, solange ausreichend Deckung vorhanden ist, Abbuchungen können unmittelbar in Apps oder im Internetbanking überprüft werden und Aufzeichnungen der Ein- und Ausgaben werden automatisiert erfasst.
Für Bargeld spricht insbesondere die Anonymität der Zahlung, die weltweit durchgängige Akzeptanz, solange in der richtigen Währung bezahlt wird, und das direkte Settlement einer Transaktion. Darüber hinaus muss ein Händler im Unterschied zu elektronischen Zahlungen keine direkte Gebühr abführen, und das Bezahlen durch echtes, physisches Geld hat tendenziell ein sparsameres Konsumverhalten zur Folge.
Verschiebungen im Zahlungsverhalten
Weltweit kommt es in vielen Ländern zu Verschiebungen im Zahlungsverhalten, und die Zahlungslandschaft wird zunehmend digitaler, weil es dem/der typischen Verbraucher/-in oft egal ist, ob Zahlungen erfasst und aufgezeichnet werden. Zudem ist es bequemer, ein Zahlungsinstrument für alle Geldbelange zu verwenden.
Gleichwohl ist Bargeld gelebter kultureller Wert, Teil unseres Zahlungs- und Werteverständnisses sowie Bestandteil länderspezifisch unterschiedlich starker, aber doch deutlich existenter intransparenter Märkte. Als solche lässt sich die eigene Währung und die nationale Identität in den meisten Ländern nicht gänzlich wegdenken. Viele Regierungen planen, einen Rechtsanspruch auf Bargeld in ihren Verfassungen zu verankern.
Die Autorinnen und Autoren dieses Artikels sind der Ansicht, dass Bargeld in seiner Relevanz aufgrund der Bequemlichkeit vieler Menschen abnehmen wird, allerdings wird sich ein „Sockel“ erhalten, da es auch in Zukunft Situationen und Menschen geben wird, die Bargeld bevorzugen.