Über die Raiffeisen Digital Bank AG
Hallo Herr Niewiatowski, die Raiffeisen Digital Bank AG ist ein relativ neuer Akteur auf dem europäischen Bankenmarkt. Könnten Sie die RDB kurz beschreiben (Geschäftsidee, wichtige Daten der Unternehmensgeschichte usw.) und auf Ihre bisherige Expansion in die europäischen Märkte eingehen?
Die Raiffeisen Digital Bank AG (RDB) ist eine vollständig digitale Bank, die ihre Produkte für den Privatkundenmarkt in Polen und Rumänien anbietet. Kund:innen, die sich für die RDB entscheiden, steht eine Reihe von grundlegenden Produkten zur Verfügung, die speziell darauf ausgerichtet sind, die wesentlichen Kundenbedürfnisse zu befriedigen, ohne Ablenkungen oder eine Überfülle an Funktionen.
Unser erstes Produkt in Polen, ein Barkredit, wurde im Juli 2021 eingeführt, gefolgt von unseren täglichen Bankdienstleistungen im Februar 2023. Im Juli desselben Jahres brachten wir unseren innovativen Refinanzierungskredit auf den Markt. Darüber hinaus führten wir im Jahr 2023 unser Sparkonto ein, und im März 2024 kam ein Festgeldkonto hinzu.
In 2023 konnten wir unseren Geschäftsumfang und unser Kreditportfolio um 200 % steigern und die Kundenzahl verzwölffachen.
Besonderheiten des polnischen und rumänischen Marktes
Warum haben Sie sich für den polnischen und den rumänischen Markt entschieden? Wie unterscheiden sich diese Märkte vom österreichischen Markt?
Da wir nicht auf dem österreichischen Markt aktiv sind, können wir keinen direkten Vergleich ziehen. Polen war unsere erste Wahl, weil wir hier ein großes Potenzial sahen. Polen ist nicht nur der größte Markt in der CEE-Region hinsichtlich des BIP und der Bevölkerungszahl, die polnischen Kund:innen sind in Bezug auf Finanzprodukte auch sehr anspruchsvoll.
Daten belegen[1], dass polnische Banken zu den weltweit am stärksten digitalisierten Banken zählen, sodass die Messlatte hier auf dem Markt sehr hoch liegt. Die Polen sind an Finanzinnovationen gewöhnt und die Umstellung auf FinTech-Lösungen läuft gut – diese wirtschaftlichen und verhaltensbezogenen Faktoren haben unsere Entscheidung beeinflusst, zuerst in diesen Markt einzusteigen.
Unsere bisherige Präsenz auf dem polnischen Markt hat uns geholfen, unsere Produkte signifikant zu verbessern, was bestätigt, dass unsere ursprüngliche Hypothese richtig war. Die Erfahrungen auf dem polnischen Markt waren und sind für uns eine sehr aufschlussreiche Lektion.
Ähnliche Gründe führten uns nach Rumänien – es ist der zweitgrößte Markt in Mittel- und Osteuropa, und auch die Rumänen bevorzugen FinTech-Lösungen als Ergänzung zu ihrer Hauptbankverbindung.
Wo sehen Sie Ihre Hauptvorteile gegenüber den traditionellen Banken? Sind die polnischen/rumänischen Kund:innen bereit für eine vollständig digitale Bank?
Wir bieten unsere Produkte ausschließlich über unsere mobile App an und unser Kundensupport erfolgt nur über digitale Kanäle wie den Chat in der RDB-App. Wir sind zu 100 % digital, was unseren Kund:innen Zugang zu all unseren Produkten ermöglicht, ohne das Haus verlassen zu müssen – dies schließt Bar- und Refinanzierungskredite ein. Mit unserem Refinanzierungskredit können Kund:innen ihre bestehenden Verbindlichkeiten vollständig remote refinanzieren, womit wir eine von nur zwei Banken auf dem Markt sind, die dies anbieten.
Ich bin überzeugt, dass der polnische und rumänische Markt bereit für eine vollständig digitale Bank ist. Unser Ansatz zielt jedoch nicht darauf ab, der alleinige Bankkontakt zu sein. Unser Angebot deckt aktuell die wichtigsten Finanzbedürfnisse der Kund:innen ab – Geld sparen, versenden und leihen – und ergänzt somit deren derzeit genutzten Bankleistungen.
Wie positionieren Sie sich gegenüber der FinTech-Konkurrenz? Sehen Sie sich als eine bestimmte Art von FinTech-Unternehmen? Stellt die Unterstützung durch eine starke Finanzgruppe die notwendigen Ressourcen für Innovationen bereit?
Die RDB ist eine einzigartige Mischung aus einer Bank und einem FinTech-Unternehmen. Einerseits sind wir Teil einer der größten Bankengruppen in Europa, andererseits bauen wir unsere Bankplattform von Grund auf neu auf. So können wir die Vorteile beider Welten kombinieren: die höhere Vertrauenswürdigkeit durch die Aufsichtsprüfung – in unserem Fall nicht nur durch die österreichische FMA, sondern auch durch die EZB – mit modernem, vollständig digitalem Banking. Dies erlaubt es uns, in einem nahtlos digitalen Prozess digital Bar- und Refinanzierungskredite, Giro- und Sparkonten sowie Festgeldkonten anzubieten.
Die Unterstützung durch unseren Aktionär ist ein großer Vorteil; nicht viele Start-ups können behaupten, einen einzigen Investor zu haben, der langfristig denkt und ein tiefes Verständnis für die Notwendigkeit von Innovationen im Bankwesen hat. Unser Ansatz ist kundenorientiert: Wir suchen zuerst nach einer Lösung für ein spezifisches Kundenproblem und dann nach einer modernen Technologie, die es uns ermöglicht, diese Lösung auf kosteneffiziente Weise zu finden. Unsere Erfolgsbilanz zeigt, dass Innovation das Herzstück unseres Geschäfts ist und wir in der Lage sind, innovative Produkte auf den Markt zu bringen, die unsere Kund:innen mögen und schätzen.
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Potenzial der KI im Bankensektor
Sind Sie der Meinung, dass KI-Tools die Zukunft des Bankensektors sind? Welche Bereiche des Bankwesens würden Ihrer Meinung nach am meisten von der Einführung solcher Lösungen profitieren? Sind Sie bei RDB bereits auf die Umsetzung der Vorschriften des EU-Gesetzes zur künstlichen Intelligenz vorbereitet?
Ich bin der Meinung, dass KI eine bedeutende Rolle im Bankensektor spielen wird. Sie hat ein enormes Potenzial, die Arbeitsweise von Banken und anderen Finanzinstituten zu verändern. Ich glaube nicht, dass sie die Grundlagen des Bankwesens verändern wird, aber sie wird sicherlich die Art und Weise beeinflussen, wie Banken arbeiten, sowohl intern als auch im Umgang mit ihrer Kundenbasis.
KI kann vermutlich alle Bereiche unterstützen, insbesondere solche, die mit vielen Daten zu tun haben, wie Vertrieb, Marketing oder Risiko. Sie kann bei der Analyse und Zusammenfassung von Ergebnissen helfen, um bessere Geschäftsentscheidungen herbeizuführen. In naher Zukunft könnte es meiner Meinung nach sogar möglich sein, bestimmte Aspekte wie Marketingkampagnen oder Risikorichtlinien vollständig durch KI optimieren zu lassen.
KI wird auch die Art und Weise beeinflussen, wie Kund:innen mit der Bank interagieren. Der Einsatz von KI im Kundensupport kann für Kund:innen den Zugang zu relevanten Informationen verbessern und ihnen gleichzeitig auch helfen, bestimmte Informationen aus Bankdokumenten zu analysieren oder zu extrahieren. Dies sind jedoch nur einige Beispiele. Ich denke, dass die KI sich bis zu einem gewissen Grad auf die gesamte Organisation auswirken und zur Unterstützung ihrer Aktivitäten eingesetzt wird.
Um das Potenzial der KI im Bankensektor vollständig zu nutzen, ist aus meiner Sicht ein klarer regulatorischer Rahmen für den Einsatz von KI im Bankgeschäft erforderlich. Ein eindeutiges Regelwerk würde die Implementierung von KI in großem Umfang wesentlich vereinfachen. Aktuell existieren zahlreiche Anwendungsfälle, in denen KI unterstützend wirken kann, doch bis zu einer vollumfänglich KI-gestützten Bank ist es noch ein langer Weg.
Bei RDB verfolgen wir den regulatorischen Rahmen in Bezug auf KI sehr genau und erörtern intern, in welchem Maße KI gegenwärtig und in der nahen Zukunft zum Einsatz kommen könnte. Wir sind der Überzeugung, dass wir im Bereich des digitalen Bankings eine führende Rolle bei der Einführung von KI im Bankwesen übernehmen werden, da digitale Banken moderne Technologien einsetzen, die eine schnellere Integration von KI-Lösungen ermöglichen. Ich beobachte zudem ein starkes Interesse an KI seitens der traditionellen Banken, weshalb ich glaube, dass uns eine spannende Zeit bevorsteht, was die Transformation des Bankwesens durch KI angeht.
Ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche der Initiative viel Erfolg für die kommende Zeit.