Über Impact Investing
Hallo Daniel, du bist Mitarbeiter der ersten Stunde bei World Fund und besetzt nun die Position als Head of Impact. Was hat dich bewogen, für World Fund zu arbeiten, und für was bist du als Head of Impact genau zuständig?
Ursprünglich habe ich in Bonn und Berkeley Mathematik studiert, musste dann aber schnell feststellen, dass die teilweise sehr abstrakten mathematischen Theorien, mit denen ich mich in meinem Studium beschäftigt habe, außerhalb der mathematischen Gemeinschaft keinen unmittelbaren Mehrwert für die Gesellschaft erbrachten.
Während des Studiums bin ich dann auf die Bewegung des effektiven Altruismus aufmerksam geworden. Effektive Altruist:innen streben danach, mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Geld und den verfügbaren Ressourcen einen maximalen – also insbesondere quantifizierten – positiven Impact in der Gesellschaft zu erzielen. Da mich die Ideen des effektiven Altruismus fasziniert haben und ich mich gleichzeitig sehr für Start-ups begeisterte, kam der Gedanke auf, mein wissenschaftliches Know-how zu nutzen, um Start-ups, Organisationen und Wagniskapitalgeber dabei zu unterstützen, ihr Geld nicht nur renditemaximierend, sondern auch im Hinblick auf den gesellschaftlichen Nutzen sinnvoll einzusetzen. Nach einigen Projekten in diesem Bereich bin ich dann dem Gründungsteam des World Fund beigetreten.
Als Head of Impact ist es dementsprechend ebenso meine zentrale Aufgabe, wissenschaftlich fundierte Ansätze zu entwickeln, die es ermöglichen, gezielt die vielversprechendsten Technologien zu identifizieren, die einen positiven Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels liefern. Wir wollen während unserer Investitionsdauer unseren Portfoliounternehmen an der Seite stehen, damit sie ihren positiven Impact ausbauen und skalieren können. Ich glaube daran, dass die bevorstehende Wirtschaftstransformation uns sowohl Gewinner als auch Verlierer bringen wird. Es ist meine Aufgabe, durch wissenschaftliche Bewertungen von Technologien im Bereich der Dekarbonisierung diejenigen Start-ups zu identifizieren, die als Gewinner aus diesem Transformationsprozess hervorgehen.
Als Vorreiter möchten wir den Bereich Impact aktiv mitgestalten und dazu beitragen, dass innovative Technologien die Dekarbonisierung vorantreiben und somit die Welt nachhaltiger machen. Dabei spielt die Verbindung von Finanz-Know-how und Wissenschaft eine zentrale Rolle, um langfristige und positive Veränderungen zu ermöglichen. Und deswegen ist es uns auch wichtig, ein diverses Team aufzubauen, um diese unterschiedlichen Welten zu kombinieren.
Im Kern geht es dir also darum, Impact zu generieren. Impact ist jedoch ein weitläufiger und eher subjektiver Begriff. Was versteht ihr bei World Fund darunter?
Bei World Fund verstehen wir unter dem Begriff „Impact“ primär die Schaffung einer lebenswerten Zukunft angesichts der Klimakrise, die wir als größte Herausforderung für die Menschheit betrachten. Unser Hauptfokus liegt dabei auf dem Emissionsreduktionspotenzial von Technologien, da wir hierin einen der größten Hebel zur Bekämpfung des Klimawandels sehen. Das Emissionsreduktionspotenzial neuer Technologien können wir in unseren Assessments sinnvoll sowie wissenschaftlich fundiert quantifizieren und validieren. Durch gezielte Investitionen in Start-ups, deren Produkte potenziell eine besonders große Menge an Treibhausgasemissionen einsparen, wollen wir die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft vorantreiben. Hierzu haben wir eine eigens entwickelte Methodologie, die uns hilft, quantitativ vorzugehen und auch Technologien untereinander zu vergleichen.
Darüber hinaus betrachten wir andere Nachhaltigkeits- und soziale Dimensionen, z. B. Biodiversität oder die Arbeitsbedingungen bei Zulieferern und Geschäftspartnern. Solche Aspekte lassen sich allerdings deutlich schwerer quantifizieren, werden aber dennoch auf qualitativer Ebene berücksichtigt.
Investmentansatz von World Fund
World Fund investiert nicht branchenagnostisch, sondern fokussiert sich speziell auf Climate-Tech-Unternehmen aus bestimmten Sektoren (z. B. Energie, Bauwesen und Lebensmittel). Was siehst du persönlich derzeit als vielversprechendste Technologie, um CO2-Emissionen in der Zukunft einzusparen?
Ich sehe auf dem Markt eine extreme Vielfalt an spannenden und innovativen Technologien, die das Potenzial haben, CO2-Emissionen einzusparen. Ein Beispiel für einen vielversprechenden Ansatz ist die Produktion von Kakaobutter und Kakaopulver mithilfe von Mikroben. Nutzpflanzen wie Kakao können für gewöhnlich nur in bestimmten Teilen der Welt angebaut werden, nämlich dort, wo Regenwälder gedeihen. Doch die Nachfrage nach Kakao im Massenmarkt führt zu massiver Abholzung von Regenwäldern und enormen Kohlenstoffemissionen, durch die der Klimawandel weiter verschlimmert wird. Eines unserer Start-ups nutzt eine neuartige Methode zur Fermentierung von pflanzlichen Zutaten durch Mikroben, die es ermöglicht, die Aromen und Fette von Kakao auf natürliche Weise zu erzeugen. Das bedeutet, dass bestimmte Lebensmittelzutaten lokal und nachhaltig produziert werden können, ohne dass sensible Biotope wie Regenwälder zerstört werden.
Ein weiterer vielversprechender Bereich ist die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung. Etwa ein Drittel der hergestellten Lebensmittel wird vor dem Konsum entsorgt. Die Produktion dieser Lebensmittel ist für einen enormen Anteil der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Hier haben wir in eine Technologie investiert, die künstliche Intelligenz nutzt, um die Vorhersagen über den Bedarf an Lebensmitteln in der Lieferkette zu verbessern und somit die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.
Die genannten Beispiele bieten einen wirtschaftlichen Wert und leisten gleichzeitig einen positiven Beitrag zum Klimaschutz. Genau das ist der Anspruch, den wir haben, wenn wir Investitionen tätigen. Und wir sehen, dass der positive Beitrag gerade in Krisenzeiten auch wiederum wirtschaftlichen Wert schaffen kann.
Messung des Climate Performance Potential (CPP)
World Fund investiert nur in Technologien, die ein hohes Emissionseinsparungspotenzial haben. Um dieses Potenzial zu ermitteln, habt ihr eure eigene Kennzahl – Climate Performance Potential (CPP) – entwickelt. Kannst du erläutern, wie das CPP gemessen und genutzt wird?
Im Rahmen der kommerziellen Due Diligence überprüfen wir unsere Investitionskandidaten in Bezug auf das vorhandene Emissionsreduktionspotenzial. Ziel dieser Untersuchung ist es, das CO2-Einsparpotenzial der entwickelten Technologien bis zum Jahr 2040 zu bewerten. Gemeinsam mit unserem wissenschaftlichen Beirat und ausgewählten Industriepartnern haben wir hierfür eine entsprechende Methodologie entwickelt.
Wir schauen uns dabei zunächst an, wie eine Technologie zur Dekarbonisierung beiträgt und welches CO2-Einsparpotenzial sie im Vergleich zum Status quo, also zu den existierenden Technologien bzw. Verfahren, bietet. Zusätzlich betrachten wir, wie sich die Emissionsintensität im Markt voraussichtlich ohne Einführung der neuen Technologie weiterentwickeln würde. Schließlich versuchen wir dann, eine realistische Marktpenetration zu ermitteln, die die neue Technologie bzw. das Produkt erreichen kann. Aus all diesen Parametern und unter Berücksichtigung noch weiterer Rahmenkomponenten leiten wir schlussendlich das Climate Performance Potential einer Technologie ab. In unsere Analyse fließt also eine Vielzahl von Aspekten ein, die anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse bewertet werden. Die entsprechenden Analysen werden sorgfältig mit dem wissenschaftlichen Beirat und unserem Expertennetzwerk abgestimmt. Mithilfe dieses Prozesses sind wir in der Lage, gezielt in Unternehmen zu investieren, die einen maßgeblichen Beitrag zur Dekarbonisierung und Klimatransformation leisten bzw. zukünftig leisten werden.
Auch wenn die Einsparung von CO2 und die Bekämpfung des Klimawandels ehrenwerte Ziele sind, am Ende möchten eure Investoren mit Sicherheit eine attraktive Rendite sehen. Angenommen, ihr müsstet euch im Investmentprozess zwischen zwei Technologien entscheiden. Die erste Technologie schätzt ihr als potenziell sehr profitabel ein. Eine zweite Technologie wäre zwar weniger profitabel, würde aber dafür deutlich mehr CO2 einsparen. Wie würdet ihr bei so einem Konflikt weiter verfahren?
In unserem Anlageprozess berücksichtigen wir grundsätzlich sowohl das wirtschaftliche Potenzial der Unternehmen als auch das Impactpotenzial. Nur wenn beide Aspekte hinreichend erfüllt werden, kommt für uns eine Investition infrage. Es ist wichtig, Technologien zu identifizieren, die sich durchsetzen und einen maßgeblichen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten können – Profitabilität ist hier ein Indikator.
Bei World Fund bevorzugen wir transformative, disruptive Technologien, die Marktführer der nächsten Generation werden können, gegenüber Übergangstechnologien oder hybriden Ansätzen. Letztendlich strebt der Fonds danach, in die Unternehmen mit den größten Effektpotenzialen zu investieren. Sollte es sich also bei der mittelfristig weniger profitablen Technologie um einen disruptiven Ansatz handeln und bei der kurzfristig profitableren Alternative eher um eine Übergangstechnologie, würden wir uns vermutlich für die erste Option entscheiden.
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Europäische Rahmenbedingungen
Inwiefern haltet ihr die Bemühungen der EU im Kontext der Nachhaltigkeit (z. B. in Bezug auf Offenlegungsverordnung und EU-Taxonomie) für ausreichend? In welchem Umfang berücksichtigt World Fund diese regulatorischen Anforderungen?
Die Bemühungen der EU in Bezug auf Nachhaltigkeit sind äußerst spannend und bedeuten eine fundamentale Verschiebung bzw. Veränderung hinsichtlich der Rahmenbedingungen innerhalb der Finanzindustrie.
Die Regulatorik spielt insbesondere eine wichtige Rolle im Hinblick auf Greenwashing und schafft somit eine gewisse Sicherheit für Anlegende. Bei World Fund begrüßen wir diese Schritte und stufen uns selbst nach Artikel 9 gemäß der SFDR ein. Dennoch stellt uns die Regulatorik auch vor einige Herausforderungen, da manche Aspekte der Taxonomie nicht optimal für junge, schnell wachsende Unternehmen oder innovative Technologien geeignet oder sogar überhaupt nicht erfüllbar sind. Die Taxonomie geht häufig mit aufwendigen Berichtspflichten einher, die für Start-ups eine besondere Belastung darstellen. Es existiert also ein gewisser „Mismatch“ hinsichtlich der regulatorischen Anforderungen und alternativen Investmentanlagen wie VC-Fonds.
Wir beschränken uns bei unseren Nachhaltigkeitsbestrebungen aber nicht auf die existierenden Anforderungen der EU-Regulatorik. Zusammen mit anderen Topunternehmen in der VC-Branche haben wir die Venture Climate Alliance (VCA) ins Leben gerufen. Die Venture Climate Alliance ist eine Organisation zur Definition, Erleichterung und Verwirklichung von Net-Zero-Projekten speziell im Venture-Capital-Bereich.
ESG-Integration im Tagesgeschäft
Die Unternehmen, in die ihr investiert, arbeiten an Produkten, die möglicherweise eines Tages eine große Menge an CO2-Emissionen einsparen. Welche Rolle spielt aber die ESG-Integration im Tagesgeschäft und in der Governance eurer Portfoliounternehmen selbst? Um es etwas reißerisch zu formulieren: Arbeiten zwar alle fleißig am CO2-neutralen Fleischersatz, fliegen dann aber zum Betriebsausflug nach Mallorca?
Wir führen jährlich eine Analyse der ESG-Performance bei unseren Portfoliounternehmen durch und definieren anschließend gemeinsam mit den Unternehmen einen ESG-Aktionsplan bestehend aus geeigneten Initiativen, um die ESG-Integration weiter voranzutreiben. Dabei werden z. B. Themen wie Diversität und Inklusion berücksichtigt, also jene, die frühzeitig in den Unternehmen implementiert werden können und sollten. Ziel ist es, dass unsere Portfoliounternehmen während ihrer Haltedauer kontinuierliche Fortschritte hinsichtlich ihrer ESG-Werte erzielen, da wir glauben, dass dies schlussendlich auch in den Exiterlös und somit die Fund-Performance einzahlt.
Allerdings zeigen unserer Start-ups ohnehin eine hohe Bestrebung, sich aktiv in Bezug auf ESG zu positionieren. Im Endeffekt wollen wir aber, dass sie sich vor allem darauf konzentrieren, den Impact ihrer Produkte zu skalieren, da dieser bei VC-finanzierten Start-ups exponentiell ansteigt. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Für uns wäre es viel wichtiger, dass die CO2-neutrale Herstellung von Fleisch gelingt, als dass im Büro eines Start-ups als ESG-Maßnahme Energiesparlampen statt herkömmlicher Glühbirnen aufgehängt werden.
Unsere ESG-Studie für Sie zum Download in unserem Serviceportal
ESG-Umsetzungsstudie – 2024
Europas Banken auf dem Prüfstand: Zwischen ökologischem Aufbruch und betriebswirtschaftlicher RealitätStichwort „grüne Blase“?
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gab es große Investitionen in der Branche der erneuerbaren Energien wie Wasserkraft, Windkraft, Solarthermie und Geothermie. Zwischen 2005 und 2007 kam es bereits zu einer kleineren „grünen Blase“, die durch die Rezession im Jahr 2007 beendet wurde. Für wie wahrscheinlich erachtest du eine zweite „grüne Blase“? Besteht die Gefahr, dass viele der sich heute auf dem Markt befindlichen Projekte scheitern werden, sollten die Zinsen weiter steigen?
Der Venture-Capital-Markt ist im letzten Jahr tatsächlich eingebrochen. Hauptgründe für den Einbruch sind die sich inflationsbedingt verschärfende Zinswende sowie die kriegsbedingt gestiegene wirtschaftliche Unsicherheit. Eine „grüne Blase“ sehen wir aber nicht. Im Gegenteil, gerade Climate Tech hat sich in der Krise als besonders resilient erwiesen, und wir sehen das sowohl an unserem Portfolio als auch im Dealflow: Die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen, die zur Klimatransformation beitragen, bleibt weiterhin hoch. Unsere Start-ups bieten gerade in Zeiten hoher Energiepreise einen echten intrinsischen Wert, weswegen wir glauben, dass die Gefahr einer Blase hier nicht besteht. In der Korrektur am Markt sehen wir aktuell also eher eine Chance, zu günstigeren Konditionen in vielversprechende Unternehmen zu investieren.
Nachhaltigkeit im Private-Equity- und Infrastrukturbereich
In den Public Markets ist das Thema Nachhaltigkeit längst angekommen. Wie sieht es in den Private Markets insbesondere in Bezug auf den VC-Markt aus?
Impact Investing hat sich in den letzten Jahren zu einem wachsenden Trend entwickelt. Das zeigt sich nicht zuletzt an der stetig steigenden Anzahl von Impactinvestoren am Markt. Vor allem im Private-Equity- und Infrastrukturbereich sehen wir verstärkt Marktteilnehmer mit Fokus auf erneuerbaren Energien und nachhaltigen Geschäftslösungen. Diese können aber keine neuartigen Infrastrukturprojekte finanzieren, da solche Projekte zu hohe Risiken aufweisen. Genau hier besteht eine große Lücke im Venture-Capital-Markt.
Es gibt leider viel zu wenig Fonds wie World Fund, die sich der Finanzierung von jungen hardwarelastigen Unternehmen widmen und damit das Risikoprofil für die interessierten „größeren Anlageklassen“ entwickeln. In Europa fehlt es an dediziertem Kapital für diese Art von Investitionen, und der World Fund ist nach wie vor einer der wenigen VC-Fonds, der in diesem Bereich tätig ist.
Deutschland als Investitionsstandort
Wie schätzt du Deutschland als Investitionsstandort im Vergleich zu anderen Standorten wie den USA ein? Gibt es in Deutschland innovative Start-ups oder werden wir hier von anderen Ländern abgehängt.
Bei World Fund denken wir insbesondere auf europäischer Ebene und hinsichtlich unseres Potenzials für globale Lösungen. In Bezug auf Deutschland hören wir des Öfteren von Investoren wie Family Offices, dass die hohen bürokratischen Hürden in Deutschland dem Unternehmertum schaden würden und sich dies in den geografischen Allokationsentscheidungen niederschlage. Trotzdem ist Deutschland ein starker Technologiestandort, vor allem bezüglich Forschung und Entwicklung sowie Ingenieurskompetenz. Besonders in München gibt es eine florierende und innovative Gründungsszene im Bereich Climate Tech. Gerade die vielen Erfolgsunternehmen der letzten Jahre wie Celonis, N26 oder Personio haben sehr viel unternehmerische Kompetenz und Erfahrung generiert, die wiederum in das Ökosystem einfließt.
Deutschland hat also durchaus das Potenzial, eine Marktführerschaft in Bezug auf Klimatechnologien zu erreichen. Es gibt einerseits die nötigen regulatorischen Ambitionen, Klimaschutz zu fördern, und andererseits auch die entsprechende wissenschaftliche Kompetenz von jahrelanger Forschung, die so in anderen Teilen der Welt fehlen.