Der Arbeitsmarkt ist kandidatenzentriert
Durch den demografischen Wandel, die zunehmende Akademisierung, stärkere Urbanisierung und fortschreitende Digitalisierung entsteht ein immer größerer Mangel an Fachkräften und Spezialist:innen, was den Arbeitsmarkt bei nahezu Vollbeschäftigung zu einem kandidatenzentrierten Markt macht. Unternehmen müssen sich heute bei den Kandidat:innen bewerben – nicht umgekehrt.
Nur wenige sind aktiv auf Jobsuche
Konventionelle Jobinserate erreichen nur aktiv Suchende. Das sind in Deutschland gerade einmal 14 % der bundesweit Beschäftigten.[1] Das viel größere Potenzial: Etwa 40 % der Beschäftigten sind zwar wechselbereit,[2] suchen aber nicht aktiv nach einem Job. Diese Zielgruppe wird aktuell durch Jobinserate auf Jobplattformen, in Business-Netzwerken und auf den Karriereseiten der Unternehmen nicht erreicht.
Die besten Kandidat:innen sitzen meist nicht am Schreibtisch
Die Internetnutzung der Zielgruppen ist mobil. Mehr als 80 % der Nutzer:innen nutzen Apps wie Instagram überwiegend oder ausschließlich über mobile Endgeräte.[3] Wer sein Angebot also nicht konsequent für die mobile Nutzung optimiert, wird im wahrsten Sinne des Wortes „weggewischt“.
Jobinserate gehen an den Zielgruppen vorbei
Oft genug werden die Jobinserate so formuliert, dass sie dem Fachbereich gefallen. Effekt: Bis zu 75 % der Inhalte sind für Bewerber:innen irrelevant und uninteressant.[4] Gesellen sich dann noch unauthentische Stock-Fotos dazu, werden die Inhalte beliebig und schrecken potenzielle Kandidat:innen eher ab.
Die richtigen Bewerber:innen sind nur einen Klick entfernt
Und zwar wirklich nur einen Klick! Wer von Bewerber:innen noch immer das Anlegen eines Bewerbungs- Accounts verlangt, sie seitenlange Bewerbungsmasken ausfüllen lässt oder sie dazu zwingt, den CV nochmals abzuschreiben, der sollte sich nicht wundern, dass geeignete Kandidat:innen ausbleiben.
Recruiter sind auf LinkedIn – potenzielle Bewerber:innen sind auf Instagram
Wechselwillige, die nicht aktiv auf der Suche sind, lesen keine Job-Postings auf LinkedIn, Stepstone und Co. Es ist also nur folgerichtig, wechselwillige Kandidat:innen dort anzusprechen, wo sie sich auch aufhalten: in den sozialen Medien.
„Aber wir posten doch unsere Inserate schon in den sozialen Medien!“
Mit diesem Ausruf der Verzweiflung werden wir in der Praxis häufig konfrontiert. Allerdings zeigt er auch, wo hier das Missverständnis liegt. Es geht nicht darum, die ohnehin mehr schlecht als recht funktionierenden digitalen Stellenanzeigen auf dem eigenen Instagram-Account oder auf Facebook zu posten.
Social Media Recruiting ist kein weiterer Kanal, sondern eine ganz eigene Methode, um Kandidat:innen für eine Vakanz zu gewinnen. Und diese Methode zielt nicht auf die aktiv Suchenden ab, die ohnehin schon mit Stepstone, LinkedIn und Co. adressiert werden. Es gilt, die passiv Suchenden über Social Media – namentlich Instagram und Facebook – zu erreichen, also alle Wechselwilligen, die nicht aktiv suchen. Diese wechselwilligen Kandidat:innen können mit niederschwelligen Angeboten, welche die Neugier wecken und die Wechselmotivation bedienen, gewonnen werden.
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Wie gelingt Social Media Recruiting?
Aber worauf ist zu achten, damit Social Media Recruiting, das sich an passiv Suchende richtet, auch gelingt? Für die Kontaktaufnahme mit passiv Suchenden muss zunächst ein radikales Umdenken stattfinden. Alle Prozesse der Personalgewinnung sind konsequent auf diese potenziellen Kandidat:innen auszurichten. Die Konsequenzen für das Recruiting sind tiefgreifend und umfassend. Zielten die Bewerbungsprozesse bislang darauf ab, den Personalabteilungen möglichst wenig Aufwand zu bereiten, werden sie zukünftig mit diesem Ansatz nicht mehr weit kommen.
Die Unternehmen müssen verstehen, dass sie sich in einer Bewerbungssituation mit umgekehrten Vorzeichen befinden. Sie sind es jetzt, die attraktiv, flexibel und nahbar sein müssen. Und es sind die Unternehmen, die in die Personalgewinnung investieren müssen: Aufmerksamkeit, Aufwand und Leidenschaft.
Es geht um Aufmerksamkeit und eine schnelle Kontaktaufnahme
Die Anzahl der Wechselwilligen, die mit dem richtigen Angebot zur richtigen Zeit über den richtigen Kanal angesprochen werden kann, ist hoch. Die Herausforderung liegt darin, aus dem Einheitsbrei herauszuragen, Interesse zu wecken und authentisch zu vermitteln, warum ein:e Kandidat:in das Unternehmen überhaupt in Betracht ziehen sollte. Eine schnelle und unkomplizierte Kontaktaufnahme ist hier der kritische Erfolgsfaktor.
Basierend auf unseren Erfahrungen mit Social Media Recruiting haben wir konkrete Empfehlungen:
1) Erfolgreiches Social Media Recruiting wendet sich an wechselwillige Arbeitnehmer:innen
Konzentrieren Sie Ihre Suche auf wechselwillige Arbeitnehmer:innen. Hier können Sie aus dem eindeutig größten Reservoir an potenziellen Kandidat:innen schöpfen. Nur 14 % der Arbeitnehmenden sind aktuell aktiv auf Jobsuche[5]. Viel größer ist hingegen der Anteil der passiv Suchenden: Rund 80 % der Arbeitnehmenden in Deutschland haben eine geringe oder gar keine Bindung an ihr Unternehmen, und 40 % der Arbeitnehmenden sind konkret wechselbereit.[6] Wer diese Gruppe systematisch bearbeitet und für sich erschließt, hat einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil.
Und noch ein Argument spricht dafür, die passiv Suchenden zu adressieren: Wer sich mit seinem Angebot an die passiv Suchenden wendet, erreicht dabei auch die aktiv Suchenden. Umgekehrt ist das nicht der Fall.
2) Effektive Job-Postings sind zielgruppengerecht und motivierend
Entwerfen Sie Ihre Job-Postings für Ihre Zielgruppe. Und denken Sie daran: Ihre Zielgruppe ist gerade nicht aktiv auf der Suche, kann aber mit dem richtigen Stichwort motiviert werden. Das Job-Posting beim Social Media Recruiting sollte also die Benefits und Highlights der zu besetzenden Stelle betonen. Sie wollen die Wechselmotivation adressieren, um mit Wechselwilligen ins Gespräch zu kommen. Das Job-Posting muss also Ihrer Zielgruppe gefallen. Das ist nicht unbedingt immer deckungsgleich mit dem, woran das Unternehmen, die Fachabteilung oder HR gewöhnt sind.
3) Wenig Info, große Wirkung – formulieren Sie auf den Punkt
Geben Sie so viele Informationen über die Stelle wie nötig und so wenig wie möglich. Tatsächlich brauchen passiv Suchende nur wenige Infopunkte, um neugierig zu werden. Dazu zählen: eine verständliche Stellenbezeichnung, die benötigten Qualifikationen, eine Gehaltsspanne, der Standort und die Aufgaben.
Insbesondere Angaben zur Vergütung können hier einen Unterschied machen. In einer Stepstone-Studie bestätigten 80 % der Befragten, dass sie sich wünschten, Informationen zu finanziellen Leistungen des Unternehmens (z. B. Gehalt, betriebliche Altersvorsorge etc.) schon in einer Stellenanzeige zu erhalten.[7] Aber nur die allerwenigsten Unternehmen trauen sich selbst so viel Transparenz zu. Schade eigentlich, denn hier wird viel Potenzial vergeben, das zur Differenzierung genutzt werden könnte.
4) Mobile only
Alles, wirklich alles, was als Job-Posting in Umlauf gebracht wird, sollte konsequent für die mobile Nutzung optimiert werden. Tragen Sie Sorge dafür, dass die Ladezeit Ihrer Job-Postings in mobilen Netzen auf ein Minimum reduziert ist. Das kann unter anderem schon durch eine sparsame Verwendung von Bildern erreicht werden. Testen Sie die Darstellung in den gängigen mobilen Browsern wie Safari, Chrome etc. Ihr Job-Posting sollte zudem inhaltlich klar strukturiert sein. Für eine bessere Lesbarkeit auf mobilen Endgeräten sollten eher Wortgruppen als lange Texte verwendet werden.
Bei Job-Postings in den sozialen Medien sollten Sie Ihre Leads unter gar keinen Umständen auf Ihre Karriereseiten im Web umleiten, sondern auf mobile Landingpages wie beispielsweise Perspective, die bereits für die mobile Nutzung durchoptimiert sind.
5) Kommen Sie in Kontakt mit Ihren Interessent:innen – egal wie, Hauptsache schnell
Beim Social Media Recruiting stehen zwei Ziele im Fokus: (1) Neugier und Aufmerksamkeit der passiv suchenden Nutzer:innen wecken und (2) schnell in Kontakt treten. Dafür braucht man keinen Lebenslauf, keinen Account und kein Anschreiben, sondern nur die Kontaktdaten.
Bieten Sie daher mehrere Kontaktwege an und trauen Sie sich, neben E-Mail und Telefon auch Alternativen wie WhatsApp zu nutzen. Machen Sie es Interessent:innen so leicht wie möglich, in Kontakt zu treten – und seien Sie schnell, wenn sich jemand meldet. Mit einer schnellen Antwort können Sie bei Interessierten den größten Eindruck hinterlassen.
Fazit zu Social Media Recruiting als Antwort auf den Fachkräftemangel
Die Recruiting-Welt ist weiter im Wandel, und dieser Wandel wird durch nichts so sehr geprägt wie die Digitalisierung. Die Ausweitung der Recruiting-Aktivitäten auf passiv Suchende über Social Media Recruiting erfordert ein Umdenken und Umlenken in den Unternehmen. Ähnlich wie beim E-Commerce geht es darum, Leads zu generieren und diese Leads dann ohne Umwege zu konvertieren.
Ein mobiler Bewerbungsprozess, der benutzerfreundlich gestaltet ist und verschiedene Kontaktmöglichkeiten wie One-Click-Verfahren und WhatsApp bietet, steigert die Erfolgsquote bei der Gewinnung von Kandidat:innen, die eigentlich gar nicht auf der Suche nach einem neuen Job waren.